Wiener Blut in Baden

Die Entdeckung eines Volksschauspielers

 

Die Operette Weiner Blut von Johann Strauss Sohn war heuer die zweite Premiere in der Sommerarena in Baden. Intendant Michael Lackner inszenierte eine seiner Lieblingsoperetten selbst mit leichter Hand. Das Stück spielt 1815 vor dem Hintergrund des Wiener Kongresses und widmet sich den Techtelmechteln, Tabubrüchen und amourösen Abenteuern der feinen und weniger feinen Gesellschaft.

Die Entdeckung des Abends ist zweifellos der heimische King of Rock ´n´ Roll, Andy Lee Lang als urwienerischer Prater-Karrusselbesitzer Kagler. Für ihn fügte Lackner sogar eine „Boogie-Klavierpassage“ in das Stück ein, die das Publikum jubeln ließ. Lang könnte mit dieser Darbietung locker in die Fußstapfen so mancher großer, heimischer Volksschauspieler treten. An seiner Seite brilliert die Soubrettistin Verena Barth-Jurca als „Probiermamsell“ Pepi Pleininger – heutzutage so etwas wie ein Model. Sie überzeugt nicht nur stimmlich, sondern auch als Tänzerin sowie mit komödiantischer Wendigkeit. Weiters eine wunderbare Ergänzung für Andy Lee spielt das Badner Original Beppo Binder den Kammerdiener Josef.

Publikumsliebling Clemens Kerschbaumer gibt als kräftiger, aber auch einschmeichelnder Tenor den etwas überforderten Schmalspur-Don-Giovanni Balduin Graf Zedlau. Sieglinde Feldhofer, seine lange vernachlässigte Gattin Gabriele, überzeugt mit ihrem strahlend klingenden Sopran. In weiteren Rollen Franz Frickel als Fürst Ypsheim-Gindelbach, Nicole Lubinger als Franziska Cagliari und Russi Nikoff als Graf Bitokowski.

Michael Zehetner und das Orchester der Bühne Baden zeigen einmal mehr, dass von ihnen wienerische Klänge bestens gepflegt werden. Der Chor begeistert ebenso wie das Ballett-Ensemble auch wenn die Tänzerinnen und Tänzer nur einen Kurzauftritt zugestanden bekamen. Entzückend auch die Kostüme von Friederike Friedrich, die eine historische Authentizität, in der Michael Lackner das Stück erzählt, widerspiegeln.

Zu sehen noch bis 1. September 2024 in der Sommerarena Baden.

 

Michael Stenzel

 


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